Am 25. April 2018 fand die mündliche Verhandlung der Klage des Vereins "Ja zum Nürburgring" vor dem Europäischen Gericht statt. Wie zu erwarten war, wurde kein Urteil verkündet. Die weitere Vorgehensweise steht im Ermessen des Gerichts.
Die Verhandlung dauerte von 9:30 bis kurz nach 16:00 mit einer einstündigen Mittagspause. Damit war sie um Einiges länger als die Verhandlung der NeXovation-Klage am 30. Januar dieses Jahres. Ungefähr 45 Minuten der Verhandlung wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten, da dort vertrauliche Details aus dem Bietverfahren diskutiert wurden.
Vor Ort waren für Ja zum Nürburgring Dr. Dieter Frey und Dr. Matthias Rudolph als vertretende Anwälte, sowie Otto Flimm und Dieter Weidenbrück als Vertreter des Vereins. Die Europäische Kommission (KOM) trat mit 2 Anwälten und einem Experten der KOM an. Wie bei der ersten mündlichen Verhandlung im Januar war auch hier das Gericht mit den gleichen 5 Richtern besetzt. Die Verhandlungssprache war Deutsch. Das bedeutet, dass die Anwälte ausschließlich deutsch argumentieren dürfen, während die Richter Fragen in ihrer jeweiligen Landessprache stellen können. Die Verhandlung wurde aus diesem Grunde simultan nach Englisch, Italienisch, Französisch und Litauisch übersetzt.
Beide Parteien begannen mit einem Eingangsplädoyer von je 15 Minuten. JzN konzentrierte sich auf drei Punkte:
- Die Rolle des Klägers für den Nürburgring
- Sein Rechtsschutzinteresse und seine Klagebefugnis
- Zentrale Aspekte, aus denen sich die wirtschaftliche Kontinuität und das Vorliegen einer neuen Beihilfe zugunsten der Erwerber ergeben
Das hört sich genau so kompliziert und abstrakt an, wie es auch leider ist. Die Bedeutung von JzN für den Nürburgring lässt sich natürlich recht einfach und beeindruckend darstellen. Der zweite Punkt dreht sich darum, ob die Klage überhaupt zugelassen wird, während es dann erst beim dritten Punkt um die eigentlichen Zusammenhänge und Vorgänge geht, die so vielen Menschen rund um den Nürburgring während des Verkaufs aufgestoßen sind.
Die KOM konzentrierte sich weitgehend darauf, unsere Klage als unzulässig und überflüssig darzustellen. Kurz gesagt: JzN darf aus verschiedenen Gründen gar nicht klagen, JzN kann keinen Nutzen aus dieser Klage ziehen, und die Klage ist unbegründet, weil alles rechtmäßig abgelaufen ist.
Ich muss hier die Aussagen extrem verdichten, damit man überhaupt nachvollziehen kann, wie eine solche Verhandlung abläuft. Eine Bewertung der einzelnen Aussagen kann und will ich nicht vornehmen.
Es folgten mehrere Stunden mit Fragen des Gerichts. Positiv bewerten wir, dass sich das Gericht sofort um die Sachfragen bemüht hat, und dass die Frage der Zulässigkeit unserer Klage erst am Nachmittag und da eher am Rande zur Sprache kam. Die Richter haben eindrucksvoll bewiesen, dass sie sehr tief im Thema stecken, und haben im Detail sehr genau nachgefragt. Wir finden es ermutigend, dass nunmehr die Umstände des Verkaufs unter die rechtliche Lupe genommen werden. Nur so kann juristisch Ruhe einkehren am Ring.
Was hat der Tag gebracht?
Ich selbst hätte gerne eine klare Entscheidung und dann Ruhe. So geht es aber leider nicht. Juristische Streitigkeiten dieser Größenordnung ziehen sich lange hin, im Falle der beiden Klagen von NeXovation und JzN nun schon fast 3 Jahre. Ich kann nachvollziehen, dass so Mancher zweifelt, ob dieser Weg der richtige ist. Leider kann man sich aber nicht bei einem Bier zusammensetzen und eine Lösung finden, dafür ist einfach zu viel Geld im Spiel, von den Plänen einzelner Beteiligter ganz abgesehen. Das unveränderte Ziel von Ja zum Nürburgring ist und war immer, eine langfristige Perspektive für den Nürburgring zu schaffen. Otto Flimm geht da nicht von seiner lebenslangen Linie ab. Das heißt aber nicht, dass wir den aktuellen Betrieb am Ring kritisieren, im Gegenteil. Das operative Geschäft, also das, was jeder so täglich mitbekommt, scheint gut zu laufen. Die Eigentumsfrage ist es, die Otto Flimm Sorgen macht, und da geht es nicht um die kommende Saison, sondern um die kommenden 50 Jahre.
Dieser letzte Absatz hatte nicht direkt etwas mit der Verhandlung zu tun, aber es ist wichtig zu wissen, was den Verein JzN vorantreibt. Die juristische Aufarbeitung ist eine wichtige Voraussetzung, um eine langfristige Stabilität am Nürburgring zu erreichen. Es geht hier nicht um billige Effekthascherei. Nicht bei Otto Flimm.
Zurück zur Verhandlung: Wer nicht da war, darf sich gratulieren, dass er/sie die Zeit nicht geopfert hat. Für einen Außenstehenden ist es nahezu unmöglich, der Diskussion zu folgen. Vieles dreht sich um Verfahrensfragen, referenzierte EuG/EuGH- oder BGH-Urteile, Randnummern aus Dutzenden von Anlagen, die im schriftlichen Verfahren eingereicht wurden. Ich habe das Glück, Zugriff auf alle Unterlagen zu haben, so dass ich dem Ganzen folgen konnte. Aber um es klar zu sagen: das ist ein Feld für Spezialisten im EU-Recht.
Nun hat bereits die mündliche Verhandlung in der zweiten Klage stattgefunden, und das sollte jedem klarmachen, dass die Klagen real und aktuell sind. Alle Aussagen, dass da sowieso nichts draus würde, sind hinfällig. Das bedeutet nicht, dass eine oder beide Klagen erfolgreich sein müssen, aber es sind ernstzunehmende Vorgänge.
Wie geht es nun weiter?
Das Gericht hat alle Möglichkeiten von der Verkündung eines Urteils über das Stellen zusätzlicher Fragen bis hin zur Anberaumung von zusätzlichen Verhandlungstagen. Wir werden es abwarten müssen. Am Ende wird ein Urteil stehen, über das ich nicht spekulieren möchte. Gegen ein Urteil beim EuG kann Berufung eingelegt werden beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das ist möglich für jede der drei noch in der juristischen Auseinandersetzung befindlichen Parteien: die KOM, JzN und NeXovation.
Dieser Bericht wurde noch abends nach der Rückkehr aus Luxemburg geschrieben, um allen Interessierten so schnell wie möglich Informationen zu der Verhandlung zukommen zu lassen. Er wurde zunächst nur auf facebook veröffentlicht und erscheint hier nun mit minimalen Anpassungen.
Pressekontakt:
Verein "Ja zum Nürburgring", Kontakt: Dieter Weidenbrück,