Wiederum überschlagen sich am Nürburgring die Ereignisse. Innerhalb von wenigen Tagen sind drei massive Beschwerden gegen den Beschluss der Europäischen Kommission im Beihilferechtsverfahren des Nürburgrings eingereicht worden. Eine davon kommt vom Verein „Ja zum Nürburgring“. Da es schon vorher Beschwerden gab und auch immer wieder über Klagen bei den Europäischen Gerichten spekuliert wird, folgt hier eine kleine Übersicht über die wichtigsten möglichen Verfahrensschritte.
Die Entscheidung vom 1.10.2014
Die EU-Kommission hat an diesem Tag eine Entscheidung über zwei wichtige Punkte getroffen. Im ersten Teil entschied sie, dass über 400 Mio € an unrechtmäßigen Beihilfen an den Nürburgring geflossen sind. Im zweiten Teil entschied sie dann, dass der Verkauf an die CNBG EU-konform abgelaufen sei und der Käufer daher keine Gefahr läuft, die festgestellten Beihilfen zurückzahlen zu müssen.
Es gibt zwei Wege, um diese Entscheidung vom 1.10.2014 zu ändern:
- Die EU-Kommission korrigiert ihre Entscheidung, oder
- ein europäisches Gericht urteilt, dass die Entscheidung nichtig ist.
Beschwerden gegen den Beschluss
Um den ersten Fall geht es jetzt gerade. Die Kommission kann durch eigene Erkenntnisse zu dem Schluss kommen, dass sie ihre Entscheidung auf der Grundlage falscher oder unvollständiger Fakten getroffen hat. In einem solchen Fall hat sie die Möglichkeit, ihre Entscheidung zu korrigieren.
Die Kommission wird in der Regel eine einmal getroffene Entscheidung nicht ohne Not in Frage stellen. Aber es ist möglich, Beschwerde einzulegen, um die Kommission auf Dinge hinzuweisen, die sie vielleicht übersehen hat. Solche Beschwerden sind nun von „Ja zum Nürburgring“, H.I.G./Meyrick Cox und von NeXovation, Inc. eingereicht worden.
Die Beschwerden sind bei der EU eingetroffen. Sie dürften in Kürze mit der Bitte um Stellungnahme an den Partner der EU weitergeleitet werden, das ist Deutschland. Berlin leitet die Anfrage dann weiter zur Landesregierung nach Mainz, von da aus wird es dann wohl einen Hochgalopp zu den Insolvenzverwaltern geben. Diese werden dann zurückschreiben, dass alles in Ordnung war. Die Antwort geht dann zurück nach Brüssel und wird dort ausgewertet. Das Einholen der Stellungnahme dauert in etwa 1 Monat.
Kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Beschwerden stichhaltig genug sind, eröffnet sie ein förmliches Prüfverfahren. Das ist im Prinzip genau das Gleiche, was vor dem 1.10. passiert ist. Das Ergebnis dieses Prüfverfahrens ist dann die Entscheidung, ob der Beschluss vom 1.10. zurückgenommen wird oder nicht. Falls ja, werden die Gründe für die Korrektur so schwerwiegend sein, dass man von einem Neuaufsetzen des Verkaufsprozesses ausgehen kann.
Klagen gegen den Beschluss
Völlig unabhängig von den Beschwerden gibt es die Möglichkeit der Klage gegen den Beschluss vom 1.10.2014. Eine solche Klage können Parteien führen, die unmittelbar von der Entscheidung betroffen sind. Die Klage wird beim Europäischen Gericht eingereicht.
Es wird eine sogenannte Nichtigkeitsklage geführt, die zum Ziel hat, den Beschluss der Kommission für nichtig erklären zu lassen. Eine Klage vor dem Europäischen Gericht ist aufwändig und mit hohen Kosten verbunden. Sollte die Klage Erfolg haben, ist der Verkaufsprozess ebenfalls gescheitert.
Wer von den Beteiligten mit dem Urteil des Europäischen Gerichts unzufrieden ist, kann in die höchste Instanz gehen, das ist der Europäische Gerichtshof (EuGH). Dort wird dann bewertet, ob das Europäische Gericht den Fall angemessen bewertet und behandelt hat.
Hier wird dann die unwiderrufliche Entscheidung fallen, wenn es bis zu dieser Stufe geht. Das kann sich dann über mehrere Jahre hinziehen.
Beschwerde oder Klage?
Offensichtlich haben sowohl der Weg der Beschwerde wie auch der Klageweg das Ziel, den Beschluss der Kommission zu kippen. Es gibt allerdings (natürlich neben einer Reihe von anderen Dingen) einen wesentlichen Unterschied, den ich hier vorstellen möchte.
Bei einer Beschwerde erhält die Kommission Kenntnis über Details, die wichtig für die Entscheidung gewesen wären, offensichtlich aber so nicht vorlagen. Daraufhin kann die Kommission von sich aus sagen „das wussten wir damals nicht, sonst hätten wir anders entschieden“, und sie kann ihre Entscheidung selbst korrigieren. Damit läge der schwarze Peter eindeutig bei den deutschen Behörden, die ihn ganz schnell an die Insolvenzverwalter weiterreichen würden, die ja die Aussagen gegenüber der EU getroffen haben. Da wir es nun mit einer ganz neuen Kommission zu tun haben, spielt das schon eine wichtige Rolle.
Befindet die Kommission aber, dass die neuen Beschwerden die Entscheidungslage nicht wesentlich beeinflussen, wird sie ihre Entscheidung belassen. Dann wird es voraussichtlich zu den beschriebenen Klagen kommen. Die Argumente werden vor dem Gericht die gleichen sein, aber nun muss die Kommission für jeden einzelnen Punkt begründen, warum er keinen Einfluss auf die Entscheidung hatte.
Oder mit anderen Worten: Jetzt kann eine Kommissarin Vestager noch sagen: Das habe ich vorher nicht gewusst, und deshalb korrigiere ich die Entscheidung. Tut sie das nicht, dann macht sie Almunias Entscheidung und die Argumentations- und Handlungsweise der Insolvenzverwalter zu ihrem eigenen Standpunkt, und den muss sie dann vor dem Europäischen Gericht vertreten.
Es wird sich zeigen, welchen Weg die Kommission geht angesichts der umfangreichen Fakten, die ihr präsentiert wurden.
Pressekontakt:
Verein "Ja zum Nürburgring", Kontakt: Dieter Weidenbrück,