Gestern, am 30.April, gab es eine groß angelegte Promotion-Veranstaltung am Nürburgring. Ministerpräsidentin Dreyer setzte sich vehement und sicher unter einiger körperlicher Anstrengung für das Unternehmen ein, mit dem vor einem guten Monat ein Kaufvertrag unterzeichnet wurde.

Eigentlich gehört hier nun eine Beschreibung der Dinge hin, die während der Veranstaltung vorgetragen wurden. Ich könnte einzelne Aussagen auseinandernehmen wie zum Beispiel die von Karl-Josef Schmidt, dass das operative Geschäft immer profitabel war, profitabel ist und profitabel sein wird. Oder ich könnte den völlig konfusen Vortrag von Robertino Wild kommentieren, der mir in dieser Situation schon fast leid tat, werde es aber lassen. Immer wieder wurden die Worte „neues Geschäftsmodell“ und „Konzept“ bemüht. Trotz aufmerksamen Zuhörens ist es mir nicht gelungen, mehr als einige Schlagworte wie „Motorsport erhalten“, „Touristenfahrten“, „Industriepool“ und „Technologie-Cluster“ zu erhaschen. Strukturierte und fundierte Inhalte habe ich vermisst.

Positiv aufgefallen ist mir die sehr sachliche und angemessene Darstellung der EU-Situation durch Frau Dreyer und Pietro Nuvoloni. Es wurde sehr detailliert auf die ausstehenden Entscheidungen hingewiesen, insbesondere den Dreifachschlag mit
1. Feststellung, dass unrechtmäßig Beihilfen geflossen sind,
2. Feststellung, in welcher Höhe das der Fall war, und
3. Feststellung, ob mit dem Verkauf die Wettbewerbsverzerrung beseitigt wurde.
Die vier eingereichten Beschwerden wurden explizit genannt, und auch die Tatsache, dass die EU-Kommission nunmehr im Detail diese Beschwerden durcharbeiten wird. Den Eindruck, dass die Ministerpräsidentin oder ein anderer Sprecher die EU-Entscheidung als unbedeutende Formalie abtun wollten, hatte ich auf keinen Fall. Eher sprach für mich die Sorge aus diesen Zeilen, dass die Situation sehr ernst genommen wird.

Alle Beteiligten gaben sich sehr viel Mühe während dieser Fragestunde. Auch hier war Nuvoloni sehr besorgt, niemandem das Wort abzuschneiden und ließ auch Nachfragen zu. In einem Fall stoppte er dann den Fragenden, allerdings erst zu einem Zeitpunkt, als fast alle Zuhörer nur noch mit dem Kopf schüttelten aufgrund der nicht endenden Nachfragen.

So gut wie der Umgangston mit den Kritikern war, so enttäuschend waren allerdings die Aussagen. Auf die sehr interessante und legitime Frage (sinngemäß), ob die Landesregierung ein Zugriffsrecht auf den Ring im Falle einer Insolvenz von capricorn hätte, antwortete die Ministerpräsidentin, dass man gerade eine Insolvenz hinter sich hätte und sich nicht mit einer zukünftigen beschäftigen würde. Gerade ein solches Zugriffsrecht oder auch Sicherheitsnetz für den Fall der Fälle hätte es aber vielen Kritikern leichter gemacht, mit einem allgemein als nicht übermäßig finanzstark gehandelten Käufer zurechtzukommen.

Auch die Frage nach dem Plan B wurde nur wenig befriedigend beantwortet. Hier ging es darum, wie sich die Landesregierung darauf vorbereitet, dass die EU-Kommission eine negative Entscheidung zum durchgeführten Verkauf treffen könnte. In diesem Fall hätte capricorn ja ein Rücktrittsrecht und sicher auch Schadenersatzansprüche, wenn das Verfahren aufgrund von Fehlern der Insolvenzverwalter kippt. Die Aussage von Frau Dreyer, dass man dann eben wieder im Insolvenzverfahren sei und einen neuen Käufer suchen müsse, klingt angesichts der massiven Angriffe gegen den derzeitigen Zustand nicht überzeugend.

Die Veranstaltung war gut gemeint und verfolgte die Absicht, capricorn/GetSpeed in dieser schweren Anfangsphase mit Rückendeckung zu versorgen. Aus meiner Sicht ist das nicht gelungen. Vielmehr hat sich der Eindruck verstärkt, dass das „Konzept“ und das „neue Geschäftsmodell“ doch eher auf Visionen denn auf konkreten, durchführbaren Plänen beruhen. Wir wissen nun, dass der Nürburgring ein Mythos und weltweit einzigartig ist, Robertino Wild hat es ja ohne Unterlass wiederholt. Ob das und der Abbau des ringracers ausreicht, um eine neue, positive Phase für den Nürburgring einzuläuten, bleibt abzuwarten.

Sehr genau habe ich allerdings die Aufforderung von Karl-Josef Schmidt verstanden, wir sollten uns alle damit abfinden, dass es nun eine Abkehr vom öffentlich-rechtlichen Modell hin zu einem betriebswirtschaftlich orientierten Modell gäbe. Herr Schumacher verwies zudem darauf, dass so ziemlich alles noch optimiert werden könne.

Man könnte das auch einfacher ausdrücken: es wird alles teurer werden, und zwar nicht zu knapp.

 

 

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