In der MOTORSPORT aktuell vom 24.2.2015 erschien ein ausführliches Interview mit Carsten Schumacher (CS), Geschäftsführer der Capricorn Nürburgring GmbH (CNG). Das ist die Gesellschaft, die seit kurzem den Betrieb des Nürburgrings gepachtet hat. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH (CNBG), die den Kaufvertrag für den Nürburgring unterzeichnet hat. Das Interview vermittelt einen klaren Ausblick darauf, in welche Richtung sich die Dinge am Nürburgring entwickeln werden.

Am gestrigen Freitag suchte die Staatsanwaltschaft Koblenz an fünf Orten nach Beweismaterial für einen möglichken Kreditbetrug von Robertino Wild. Auch bei Sachwalter Lieser wurde man mit Durchsuchungsbeschluss vorstellig. In der Wirtschaftswoche findet sich heute ein umfangreicher Artikel von Florian Zerfaß, der nicht nur die überraschende Durchsuchung kommentiert, sondern auch auf die Hintergründe für den Verkauf des Nürburgrings eingeht.

Wiederum überschlagen sich am Nürburgring die Ereignisse. Innerhalb von wenigen Tagen sind drei massive Beschwerden gegen den Beschluss der Europäischen Kommission im Beihilferechtsverfahren des Nürburgrings eingereicht worden. Eine davon kommt vom Verein „Ja zum Nürburgring“. Da es schon vorher Beschwerden gab und auch immer wieder über Klagen bei den Europäischen Gerichten spekuliert wird, folgt hier eine kleine Übersicht über die wichtigsten möglichen Verfahrensschritte.

Nürburg, 10. Dezember 2014 – Laut Entscheidung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 soll der Verkauf des Nürburgrings EU-konform abgelaufen sein. Damit muss der Käufer, die capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH, keine Beihilfen zurückzahlen. Die nach dem Verkauf am 11. März 2014 bekannt gewordenen Umstände belegen jedoch, dass der zuständige Sachwalter und der Sanierungsgeschäftsführer sowie die deutschen Behörden die EU-Kommission unrichtig informiert haben. Die Kommission musste also ihre Entscheidung auf der Basis falscher Annahmen treffen. Hätte die Kommission Kenntnis von entscheidenden Fakten gehabt, wäre die Entscheidung wohl anders ausgefallen.

Daher fordert der Verein „Ja zum Nürburgring“ den

Widerruf der Entscheidung vom 1. Oktober 2014
durch die Europäische Kommission.

Weitere Beschwerde des Vereins „Ja zum Nürburgring“ an die Europäische Kommission mit Antrag auf Widerruf der Entscheidung vom 1.10.2014

Einladung zum Pressegespräch „Hintergründe und Zielsetzungen“
am Mittwoch, den 10. Dezember 2014, 11 Uhr in die Graf-Ulrich-Halle, Nürburg

Laut Aussage des Sprechers der am Nürburgring agierenden Insolvenzverwalter hat die Capricorn Nürburgring GmbH die zweite Kaufpreisrate in Höhe von 5 Millionen bis heute nicht gezahlt. Laut Sachwalter Jens Lieser wäre der Kaufvertrag nachjustiert worden, so dass diese Rate nun erst nach der Entscheidung der EU-Kommission fließen soll.

Ob die Projektfinanzierung der CNG wie in der Presse teilweise kommentiert ins Stocken geraten ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Wichtig ist allein der Fakt, dass die Rate nicht gezahlt wurde.

Offensichtlich existieren hier und da Verständnisprobleme, wenn es um EU-Beschwerden und deren Konsequenzen geht. Vielleicht hilft ja ein kleiner Überblick dem Einen oder Anderen, den richtigen Blickwinkel zu finden.

Wenig überraschend sind die Ankündigungen sowohl von Axel Heinemann (Getspeed) wie auch von Robertino Wild (Capricorn), dass sie die zweite Rate nun zahlen wollen. Jeder kündigt das für sich an, wohlgemerkt. Ein Gleichschritt, eine Kooperation, irgendein Zusammenhalt ist da nicht mehr zu erkennen.

Wir werden nun erleben, dass allein schon diese Ankündigungen von Landesregierung und Insolvenzverwaltern als Zeichen dafür genutzt werden, dass doch alles wieder im Lot ist. Das ist es aber ganz und gar nicht.

Die unterschiedlichen Emotionen rund um den Nürburgring haben sich noch nicht beruhigt. Das wäre so kurz nach der Unterzeichnung eines Kaufvertrags und nach den langen Jahren, in denen sich zu viele Menschen an der Nase herumgeführt gefühlt haben, wirklich auch zu viel verlangt. Grundvoraussetzung für eine Beruhigung wäre eine von allen anerkannte, langfristig stabile Perspektive für den Nürburgring. Die gibt es aber allein schon aufgrund der ausstehenden EU-Entscheidung noch nicht, und genau deshalb wird die jetzige Situation auch von den Menschen unterschiedlich gesehen und bewertet. Aber ist deshalb jeder ein Nörgler oder Unbelehrbarer, der jetzt Skepsis zeigt?

Die Ereignisse am Nürburgring überschlagen sich in diesen Tagen. Was vor Tagen noch als „eine Frechheit, so etwas in die Welt zu setzen“ (SWR, Prof. Dr. Dr. Schmidt MA) und als „Störmanöver der unterlegenen Bieter“ (SWR, einer der Insolvenzverwalter) bezeichnet wurde, ist nun unumstößlicher Fakt: Das als transaktionssicher angesehene Finanzierungskonzept der Capricorn Nürburgring Besitz GmbH hat sich in Luft aufgelöst. Schlimmer noch, die in der Presse berichteten Details deuten auf massive Fehler im Handeln des Sachwalters Jens Lieser und auf ein Verhalten des Capricorn-Eigentümers Robertino Wild hin, das man nur als betrugsverdächtig bezeichnen kann. Die Insolvenzverwalter versuchen nun hektisch,  in Zusammenarbeit mit dem zweiten Käufer, der Fa. Getspeed, neue Investoren zu bewegen, anstelle von Capricorn/Wild in den bestehenden Kaufvertrag einzutreten. Dies geschieht mal wieder ohne Rücksprache mit dem Gläubigerausschuss, und es unterläuft die Zielsetzung, die mit dem von der EU-Kommission geforderten transparenten und diskriminierungsfreien Verkaufsverfahren verbunden sind. Spitzfindig wird behauptet, dies lasse ja den Kaufvertrag und die Vertragsparteien unangetastet, es werde ja nur ein Gesellschafter der Käufergesellschaft CNG ausgetauscht.

Wir werden es Ende Oktober erfahren, oder ein paar Tage danach. Aber es lohnt sich, ein paar Überlegungen zur aktuellen Situation anzustellen, um die Möglichkeiten aufzuzeigen, die sich bieten.

Ich bin davon überzeugt, dass sie gezahlt wird.

Und damit diese Zahlung von jedem richtig eingeordnet werden kann, schauen wir uns die Randbedingungen an.

Bei der Veranstaltung am 30.04.2014 wies die Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf die anhängenden Entscheidungen der EU-Kommission im Beihilfeverfahren hin. Zu erwarten ist eine gleichzeitige Entscheidung in drei Punkten:

  1. die Feststellung, dass unrechtmäßig Beihilfen geflossen sind,
  2. die Feststellung, in welcher Höhe dies der Fall war, und
  3. die Feststellung, ob mit dem Verkauf die Wettbewerbsverzerrung beseitigt wurde.

Die vier eingereichten Beschwerden wurden explizit genannt, und auch die Tatsache, dass die EU-Kommission nunmehr im Detail diese Beschwerden durcharbeiten wird.

Unterkategorien