Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,

mit Schreiben vom 10. Januar 2014 habe ich Sie darüber informiert, dass der Verein „Ja zum Nürburgring“ schweren Herzens eine Beschwerde wegen des europarechtswidrigen Bietverfahrens zur Veräußerung der Vermögensgegenstände des Nürburgrings bei der Europäischen Kommission eingereicht hat. Uns ging und geht es dabei um die Sicherung einer langfristigen Zukunft des Nürburgrings als Garant für die Ziele, für die der Ring 1927 gebaut wurde, nämlich den Motorsport und die Gewährleistung des wirtschaftlichen Auskommens der Region. Dies ist nur dann möglich, wenn die Sportstätte gemeinwohlorientiert und ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Dafür sind Konzepte erforderlich, bei denen lediglich die Betriebskosten gedeckt werden sollen und etwaige Überschüsse für die Instandsetzung der Rennstrecke sowie von Brücken und Gebäuden reserviert sind.

Unser Vorgehen in Brüssel hat der Landesregierung einmal mehr die Möglichkeit eröffnet, ihr bisheriges Versäumnis zu korrigieren und sich endlich zu dem unabdingbaren Erfordernis einer gemeinwohlorientierten Lösung für den Nürburgring zu bekennen. In einem gemeinsamen Vorgehen hätten wir die Chance gehabt – davon bin ich überzeugt –, auch die Europäische Kommission von einem Kurs im Interesse der Allgemeinheit für den Sport und für die Region zu überzeugen. Mit einer entsprechenden offiziellen Stellungnahme hätten Sie als Ministerpräsidentin wieder die politische Initiative ergreifen und das Heft des Handels in die Hand nehmen können. Dieser unabdingbare politische Wille wird auch von erfahrenen Europaabgeordneten eingefordert.

Nunmehr muss ich feststellen: Sie haben auch diese große Chance verpasst! Das Land war zur Stellungnahme zu unseren Beschwerdepunkten aufgefordert. Wie offenbar wird, vertrauen Sie aber erneut auf Ihren Statthalter am Nürburgring und den Sachwalter, die den Nürburgring als Ganzes so schnell wie möglich an einen Investor verkaufen wollen. Die Interessen des Sports und der Region werden wieder hintangestellt, ohne dass das Land für den Sport und die Region Partei ergreift.

Ohne ein Eingreifen der Europäischen Kommission scheint nunmehr alles darauf hinauszulaufen, dass ein Finanzinvestor den Ring in seine Hände bekommt. Was das bedeutet, dürfte Ihnen genauso klar sein wie uns: Der integrierte Betrieb des natürlichen Monopols der Sportstätte zusammen mit den Hotels- und Freizeitanlagen wird dazu verwendet, alle geschäftlichen Aktivitäten am Nürburgring allein auf Rendite zu trimmen.

Wie die Rhein-Zeitung berichtet, liegen die Renditeerwartungen des amerikanischen Finanzinvestors H.I.G., der als erster Anwärter auf den Kauf gilt, bei 15 bis 20 Prozent. Auch den Mitarbeitern des Nürburgrings ist nach dem Bericht klar, dass solche Renditen niemals zu erwirtschaften sind. Ihr Parteifreund Müntefering hat solche Unternehmen zu Recht als „Heuschrecken“ bezeichnet. Das wird der altehrwürdige Nürburgring nicht verkraften!

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie sind in der Verantwortung! Verhindern Sie den Niedergang des Nürburgrings. Ändern Sie Ihren Kurs in Brüssel und weisen Sie die Vertreter des Landes im Gläubigerausschuss an, gegen eine Verkauf der Rennstrecke zusammen mit den Hotels und Freizeitanlagen zu stimmen. Selbst wenn es der Landesregierung nur um das Geld gehen sollte, wäre sogar eine ordnungsgemäße getrennte Veräußerung besser als der Gesamtverkauf geeignet, um die finanziellen Ziele zu erreichen.

Wir versichern Ihnen ebenfalls, dass wir nicht müde werden, für den Sport und die Region am Nürburgring zu kämpfen. Auch wenn dies weitere rechtliche Schritte notwendig macht und womöglich bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über Jahre hinweg ein Schwebezustand bestehen wird. Wir können weitere fatale Fehler nicht mehr zulassen!

Weiterhin appelliere ich an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam die langfristige Zukunft des Nürburgrings sichern. Ich stehe Ihnen für ein Gespräch zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen
 
Otto Flimm
(Vorsitzender Verein „Ja zum Nürburgring“)

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